Wann kann Kaiserslautern endlich wieder investieren?

Von Gerhard Piontek, Oberbürgermeister a.D. 

Kaiserslautern ist stark verschuldet und daher in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Investitionen in die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger sowie die Entwicklung der Stadt werden durch die hohen Altschulden stark beeinträchtigt. Um diesem Teufelskreis zu entkommen, sind eine Entlastung der Kommunen und eine nachhaltig bessere Finanzierung der Kommunen notwendig.

Um die stark verschuldeten Kommunen von ihren Altschulden zu entlasten, hatte Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vorgeschlagen, dass Bund und Länder diese Last je zur Hälfte übernehmen, um die notwendige Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden zu gewährleisten. Dieser Vorschlag wurde jedoch von der CDU/CSU blockiert. Wo-rum geht es in dieser Angelegenheit?

Analog zum Dispositionskredit in der Privatwirtschaft dient bei den Kommunen der Liquiditätskredit zur kurzfristigen Überbrückung von Finanzierungslücken bei der Erledigung der laufenden Geschäftsaufgaben. In strukturschwachen Regionen haben sich in vielen Städten und Gemeinden mit chronischer Finanznot  diese Liquiditätskredite in der Praxis gesetzeswidrig, aber gezwungenermaßen als Instrument zur Dauerfinanzierung entwickelt. Dadurch entstanden in ca. 2.500 Kommunen sogenannte Altschulden von rund 45 Mrd. Euro. So sind zum Beispiel die Beträge für Liquiditätskredite pro Einwohner*in im Saarland 2.000 €, in Rheinland Pfalz 1.550 €, in Nordrhein Westfahlen 1.500 € und in Hessen 1.100€. Der Bundesdurchschnitt beträgt 600 €. Bei uns in Kaiserslautern ist dieser Wert besorgniserregend hoch. Unsere Altschulden liegen bei 660.000.000 €, d.h. pro Einwohner 6.600 €. 

Ursache dieser hohen Verschuldungen ist aber keinesfalls eine finanzielle Misswirtschaft der Städte und Gemeinden, sondern die Sozialgesetzgebung des Bundes. Die Kommunen müssen diese Gesetze umsetzen, ohne dass sie gemäß dem Konnexitätsprinzip (Wer bestellt bezahlt) mit den erforderlichen Finanzmitteln ausgestattet werden. Nach dem Grundgesetz gibt es keine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommunen. Außerdem sind die Städte und Gemeinden keine dritte staatliche Ebene, sondern Teil der Länder. Faktisch müssen daher die Länder ihren Kommunen die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung stellen und sich ihrerseits bei Bedarf über den Bund refinanzieren.

In der Vergangenheit wurde seitens der Betroffenen in vielen Stellungnahmen und Aktionen auf diese Problematik hingewiesen. So hat zum Beispiel der Stadtrat von Kaiserslautern bereits im Jahre 1995 (!) in einer Resolution an den Deutschen Städtetag und an die Landesregierung von Rheinland-Pfalz Abhilfe gefordert. Im Jahre 2009 hat sich das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ gegründet, das inzwischen über 70 Mitgliedskommunen aus acht Bundesländern mit insgesamt mehr als acht Millionen Einwohner*innen umfasst. Trotzdem sind bisher alle Bemühungen gescheitert, mit einem Schuldenschnitt die Kommunen zu entlasten, damit diese wieder einen Handlungsspielraum für die notwendigen Investitionen in Bildung, Digitalisierung und Infrastruktur erhalten. Einen ersten Schritt zur Verbesserung machte die Landesregierung 2012 mit der Einführung eines Entschuldungsfonds. Damit konnte zwar dem weiteren Anwachsen der Liquiditätskredite entgegengewirkt werden, aber ein wesentlicher Abbau der Altschulden erfolgte nicht. Schützenhilfe haben die rheinland-pfälzischen Kommunen kürzlich durch das Verfassungsgericht erfahren, das die Finanzausstattung der Kommunen durch das Land für verfassungswidrig erklärte und der Landesregierung aufgegeben hat, seine Finanzgesetzgebung zu ändern. Dabei muss auch die Altschuldenproblematik bedacht werden. 

Nach einer Erklärung der Landesregierung soll dabei die Regelung des Landes Hessen als Vorbild dienen. Dort werden mit einem 30-jährigen Entschuldungsprogramm bei mäßiger Beteiligung der Kommunen die Altlasten vom Land Hessen abgelöst. Nach wie vor bleibt also die Frage, ob und in welchem Umfang sich eine künftige Bundesregierung am Abbau der Altschulden beteiligt.

Wir Kaiserslauterer Sozialdemokraten sind zuversichtlich, dass „Unser Neuer in Berlin“ Matthias Mieves als betriebswirtschaftlicher Fachmann einen Beitrag zur Lösung des Altlastenproblems beitragen kann. Matthias hat bereits mehrfach betont, dass er sich für eine Entschuldung wie auch für eine nachhaltig bessere Finanzierung der Kommunen einsetzen wird. Dies ist ihm ein wichtiges Anliegen, um Investitionen in eine gute Zukunft für Kaiserslautern zu ermöglichen.